Du hast dich für das Medizinstudium in der Deutschschweiz entschieden. Hast du dir schon überlegt, wo du dein Studium beginnen möchtest? In Zürich? Bern? Basel? Das ist eine wichtige Überlegung – so wirst du doch die nächsten 3-6 Jahream entsprechenden Ort verbringen. Das hat wahrscheinlich einen grossen Einfluss auf dein Leben.
Ist dir jedoch bewusst, dass du den Studienort nicht frei wählen darfst, selbst wenn du den Eignungstest für das Medizinstudium (EMS) bestehst? Das wissen viele nicht – und sind dann überrascht, wenn sie nach dem EMS nicht am gewünschten Studienort eingeteilt werden. Die Informationen zur Zuteilung der Studienplätze sind zwar öffentlich zugänglich, doch bei all den Regulationen einen Durchblick zu bekommen, ist schwierig.
Keine Angst, in diesem Artikel präsentieren wir dir die wichtigsten Punkte zur Verteilung der Studienplätze in der Deutschschweiz nach dem EMS, damit du topinformiert bist! ;)
Inhaltsverzeichnis
In der Schweiz ist swissuniversities für die Zuteilung der Medizinstudienplätze zuständig. Bei der Anmeldung wirst du aufgefordert, alle Universitäten in einer Prioritätenliste einzuteilen. Das Auswahlverfahren unterscheidet sich dann je nachdem, ob du als erste Priorität eine Universität in der Französischen oder in der Deutschschweiz angegeben hast. In der Französischen Schweiz (Genf, Lausanne und Neuenburg) werden alle Interessenten zum Studium zugelassen und in den ersten zwei Jahren selektiert. Diejenigen, die an einer Deutschschweizer Hochschule (Basel, Bern, ETHZ, Fribourg, Zürich sowie die Joint-Master Luzerner und St. Galler Track) studieren möchten, müssen den EMS bestehen. Doch was bedeutet "Bestehen" genau?
Der EMS besteht aus 162 Punkten (bis 2021 waren es 178). Anhand dieser Punktzahl erhält jede/r Teilnehmende einen sogenannten «Testrangprozent» (TP), der von 1 bis 100 geht. Der TP gibt an, wie du im Vergleich zu anderen Teilnehmenden stehst: Ein TP von 70 bedeutet etwa, du bist punktemässig gleich gut oder besser als 70% aller Teilnehmende; ein TP von 100 bedeutet also, du gehörst zum besten Prozent aller Teilnehmende.
Anhand der Anzahl verfügbarer Studienplätze wird anschliessend ein Bestehens-TP bestimmt, also ein Mindest-TP, um zum Studium zugelassen zu werden. Alle Teilnehmenden, die einen TP von diesem Wert erfüllen oder übertreffen, erhalten garantiert einen Studienplatz.
Schon fertig und alle können an die Uni gehen, die sie als erste Wahl angegeben haben? Leider nicht: Hier beginnt das ganze Spiel mit der Zuteilung und Umverteilung. Dabei spielen drei Faktoren eine Rolle: persönlicher Wunsch (angegeben durch die Prioritätenliste), zivilrechtliche Wohnsitz zum Zeitpunkt der EMS-Teilnahme (des EMS-Teilnehmenden bzw. der Eltern, falls du noch daheim wohnst) sowie der TP.
Zunächst wird also bei all jenen geschaut, die den Bestehens-TP erreicht haben, wohin sie möchten (1. Priorität). Falls es genau mit den Studienplätzen an den einzelnen Unis aufgeht, prima, dann ist das Problem gelöst. In der Realität war es jedoch bisher immer so, dass dies nicht aufgeht – es gibt einfach beliebtere und unbeliebtere Unis. Daher sind die Faktoren Wohnsitz sowie TP von grosser Bedeutung:
Als Erstes gilt der zivilrechtliche Wohnsitz: Da die Universitäten kantonal finanziert werden, sind sie per Gesetz verpflichtet, zuerst Steuerzahler des eigenen Kantons abzudecken. Also nehmen die Universitäten zuerst jene EMS-Teilnehmende vom eigenen Kanton auf, die den Bestehens-TP erreicht haben. Die Universität Basel wird dabei sowohl vom Kanton Basel-Stadt als auch vom Kanton Basel-Land finanziert und berücksichtigt beide Kantone gleichermassen. Ausnahme von der Kantonsregel bildet die vom Bund finanzierte ETH Zürich, hier wird kein Wohnsitz berücksichtigt.
In einem zweiten Schritt werden die verbleibenden EMS-Absolventen anhand ihres TP verteilt. Dabei ist das Prinzip einfach: Zuerst wird der beste an seine erste Priorität zugeteilt, anschliessend der zweitbeste etc. Wenn bei jemandem die erste Priorität keinen Platz mehr hat, wird auf die zweite Priorität geschaut und so weiter. Kurzum: Je höher deine Platzierung anhand des TP, desto früher erfolgt deine Zuteilung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass deine Wunschuni noch einen Platz hat.
Bemerkung: Zusätzlich zu den obigen Kriterien berücksichtigt swissuniversities in Ausnahmen auch persönliche Verhältnisse, wie etwa bei verheirateten EMS-Absolventen. Dies ist zwar selten, falls es dich jedoch betreffen könnte, kannst du in diesem Merkblatt alle relevanten Informationen nachlesen.
Das tönt alles unglaublich kompliziert, nicht wahr? Lass uns ein fiktives Beispiel machen mit drei Studienanwärtern: Anna aus Bern, Bertha aus Solothurn und Cédric aus Graubünden. Alle drei wählen Bern als erste Priorität.
Anna erhält beim EMS einen TP von 75, Bertha 95 und Cédric 80. Und wir nehmen an, mit einem TP von 75 hat man in diesem Jahr einen garantierten Studienplatz.
Bei der Zuteilung nimmt die Universität Bern also zunächst alle Berner mit einem TP von 75 oder mehr auf – somit erhält Anna als Erste einen Studienplatz in Bern - obwohl sie den geringsten TP hat.
Nachdem alle Berner mit TP von mindestens 75 und 1. Priorität Bern einen Studienplatz an der Universität Bern erhalten haben, wird auf die Leistung im EMS geschaut. Da Bertha mit TP 95 sehr gut abgeschrieben hat, kommt sie relativ früh dran und erhält auch einen Studienplatz in Bern.
Die Verteilung geht so weiter, bis Cédric dran ist. Zu diesem Zeitpunkt ist die Anzahl Studienplätze der Universität Bern jedoch bereits ausgeschöpft mit Studienwilligen aus Bern sowie solchen, die einen besseren TP als Cédric erzielt haben. Somit wird Cédric umgeteilt - zuerst wird auf die 2. Priorität geschaut, ob diese Uni noch einen Platz hat, ansonsten auf die 3. etc.
Wie ihr seht – obwohl Anna und Cédric gleich gut abgeschnitten haben, erhält Cédric nicht den gewünschten Studienplatz.
Wichtig ist hier zu beachten, dass der "Kantonsvorteil" nur für die erste Priorität gilt. Hätte Anna als 1. Priorität zum Beispiel Basel angegeben und Bern an zweite Stelle gesetzt, hätte sie keinerlei Vorrang mehr auf Bern gehabt.
Nun hast du eine Übersicht, wie die Zuteilung der Studienplätze in der Schweiz abläuft. Das erklärt auch, wieso es für bspw. Nicht-Zürcher so schwierig ist, an die Universität Zürich zu kommen - schliesslich melden sich ohnehin schon viele Zürcher an, zudem gibt es in der Ost-Schweiz sowie im Bündnerland keine nähere Universität, weshalb der Anlauf gross ist. Berücksichtige also bei der Anmeldung jedenfalls die obigen Punkte, um keine bösen Überraschungen zu erleben!
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